Die mit der Geige tanzt

 

Vorarlberger Nachrichten  /  Kultur / 21.04.2024, von Fritz Jurmann

 

Die „Pforte“ hat erneut die Geigerin Maria Wloszczowska und ein internationales Orchester aufgeboten.

 

FELDKIRCH

Die 50 gut vorgebildeten Musiker im jungen Erwachsenenalter aus der Iberakademie Kolumbien, den Bochabela Strings aus Südafrika und der Stella Privathochschule Feldkirch ergaben am Donnerstag beim jüngsten Projekt im Festsaal ein sprichwörtlich vielfarbiges Bild. In Gang gehalten und für eine international zusammengewürfelte Formation zu Spitzenleistungen geführt hat sie erneut die fabelhafte polnische Geigerin und in diesem Fall auch wieder Orchesterleiterin Maria Wloszczowska, die mit ihrer Strahlkraft alle, auch das Publikum, in ihren Bann schlug.

 

 

 

Es geht diesmal um zwei der populärsten Werke Beethovens, jedes etwa 45 Minuten lang, und die Vergleichsmöglichkeiten für die zahlreichen Zuhörer sind entsprechend groß. Da hilft nur die Flucht nach vorn in einer an Harnoncourts Rasanz gestählten, historisch orientierten Wiedergabe, mit der dieses Pforte-Kammerorchester Plus reüssieren und sich abheben kann vom Alltäglichen. Der Weg dorthin wird wie bei der „Pforte“ üblich von einem philosophischen Programm als geistige Stütze getragen. „Die Heldenreise – Zwischen Neugierde und Angst“ verheißt der Titel und umschreibt das Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten, die Geduld, das Durchhaltevermögen auch in schwierigen Momenten.

 

 

 

Zart und duftig entfaltet sich Beethovens singuläres Violinkonzert aus der kostbaren Geige der Solistin. Sie wird zur selbstbewussten Partnerin für die große Orchesterbesetzung, die ganz rasch auf Touren kommt und bereits im ersten Satz die Raumakustik mit ihren Fortissmo-Schlägen auf die Probe stellt. Silbrig rein und hoch kultiviert bis in höchste Lagen entfaltet Wloszczowska voll Wärme und technischer Brillanz ihren Part, bis sie tatsächlich – zu tanzen beginnt. Es ist charmanter Ausdruck höchsten Wohlgefallens in einer speziellen Kadenz von Wolfgang Schneiderhan, die neben den virtuosen Umspielungen der Geige auch die Pauke mit dem flinken Alejandro Martinez Garduno im Duett einbezieht – einfach genial! Wunderbar gelingt das berühmte Larghetto in einer oft kaum hörbaren Zwiesprache, bis sich die Kräfte im abschließenden Feuerwerk eines turbulenten Rondos nochmals aneinander messen. Dass auch dieses in bemerkenswerter Präzision gelingt, ist umso bemerkenswerter, als Wloszczowska sich auf ihr Solo konzentriert und den Musikern mit ihrer Körpersprache viele Freiheiten überlässt.

 

Gut erholt und mit frischen Kräften gepolt kehren Musiker und Publikum aus der Pause zurück für die nächste Bewährungsprobe, Beethovens revolutionäre Symphonie Nr. 3, die „Eroica“, auch heute Prüfstein für die klassischen Eigenschaften jedes guten Orchesters. Der manchmal recht dissonante Kopfsatz, der zu Herzen gehende Trauermarsch, das flinke Menuett mit der schmetternd sicheren Horngruppe im Trio und der siegessicher triumphale Finalsatz entstehen im Spannungsaufbau und den vielen schönen Soli wie der Oboe (Stefan Negurici) in großer klanglicher Einheit und Farbpracht. Wloszczowska übernimmt hier mit ihrer Geige den Part der leitenden Konzertmeisterin, braucht aber kaum noch dirigierend einzugreifen, weil dieses Werkel inzwischen bereits läuft wie geschmiert. Wo Bochabela draufsteht, ist auch Bochabela drin, und so lassen die Zuhörer das Orchester mit ihrer gefeierten Leiterin nicht ohne das „We Bathwanda“ ziehen, ein rhythmisch gesungenes Beispiel aus der südafrikanischen Volkskultur.

 


von Fritz Jurmann